kult-IG Statement zur Stadtbücherei 2019

Die Planungen einer neuen zentralen Stadtbücherei wurden von CDU/FDP/Freie Wählergemeinschaft abgesagt. Nachdem auch die kult-IG Vereine sich intensiv zuvor eingebracht haben, um eine zukunftsfähige Perspektive zu finden, ist der Abbruch dieser Planung für uns nicht nachzuvollziehen.

Martin Tilke, kult-IG Vertreter im Kulturausschuss, hat gemeinsam mit anderen Kulturtreibenden und im Namen der sieben Vereine ein Statement zu dieser neuen Entwicklung verfasst:


Erftstadt, im November 2019

Planung einer zentralen Stadtbücherei abgesagt

Vorweg: Es soll niemand sagen, dass die Entscheidung gegen eine Gesamtbibliothek aufgrund wirtschaftlicher Fakten getroffen wurde! Nicht im kommenden Bürgermeister-Wahlkampf, nicht vorher und nicht nachher –nie! CDU, FDP und Freie Wähler haben ihre Mehrheit im Rat und in den Ausschüssen genutzt, um den vier Jahre andauernden Entscheidungsprozess für einen Gesamtbibliotheks-Standort mit einem Federstrich zu beenden. Die Arbeit der Ausschüsse, die sich immer wieder mit der Standortfrage beschäftigten, Bibliotheksbesichtigungen in Nachbarstädten, intensive, konstruktive Diskussionen, ein Workshop, Bürgerbeteiligung –alles umsonst, Zeit versenkt und Steuergeld aus dem Fenster geworfen.Die Entscheidung „Die Planungen für eine zentrale Stadtbücherei einzustellen“ wurde auf dem „Sonderausschuss für Immobilien, Kultur –und Städtepartnerschaften, wie Stadtentwicklung am 26.11.2019“ getroffen, ohne einen vorliegenden neuen Vorschlag für die Stadtbibliothek sorgfältig zu prüfen und die Kosten alternativer Lösungen gegenüberzustellen. Wie konnte das passieren? Wie sah der neue Vorschlag aus?Ein Investor hat ein Architekturbüro beauftragt, einen Entwurf für ein Gebäude zu erarbeiten, das am Marienplatz, unmittelbar neben der Volkshochschule, als Gesamtbibliothek dienen sollte. Niemand kannte diesen Entwurf vor der Sondersitzung. Dem Ausschuss sollte dieser Entwurf zur Kenntnis gegeben werden. Nach der Präsentation des Architekturbüros war deutlich, dass der Entwurf sehr gut durchdacht war und Hand und Fuß hatte. Architektonisch einfallsreich, hell, freundlich, modern, mit Veranstaltungsraum, Außengastronomie, mediale Angebote und Lern-und Kommunikationsorte für Jung und Alt. Alle Vorschläge, auf die sich auch die PolitikerInnen aller Parteien seinerzeit auf einem Workshop zur Stadtbibliothek-Konzeptentwicklung geeinigt haben, wurden berücksichtigt. Eine Aussage über die Miet-Kosten, die auf die Stadt zukommen würden, war im öffentlichen Teil der Sitzung nicht möglich. Diese Information durch den anwesenden Investorwurde auf den nicht-öffentlichen Teil verschoben.

Dennoch stellte die CDU den Antrag, die Planungen für eine zentrale Bibliothek sofort einzustellen und präsentierte stattdessen den Vorschlag, das Ladenlokal des ehemaligen Kaufhaus Koenen, wo auch Post & Mehr untergebracht ist, als Lechenicher Filiale einer Bibliothek herzurichten. Dieser Vorschlag lag bereits im Jahr 2016 auf dem Tisch und wurde u. a. wegen zu hoher Mietkosten für die Stadt von allen Parteien abgelehnt. Die CDU hat nun die Verwaltung aufgefordert, erneut mit dem Besitzer des Kaufhaus Koenen zu verhandeln. Darüber hinaus soll der alte Bücherei-Standort in Liblar erhalten bleiben und der Mietvertrag dort verlängert werden. Ein planerischer Rückschritt, der inhaltlich kaum begründet wurde und angesichts der Sachlage bei den Anwesenden Kopfschütteln hervorrief.Mit der Mehrheit der Stimmen von CDU, FDP und Freie Wähler wurde der Antrag der CDU dennoch angenommen.Ohne eine Prüfung der Kosten für die Miete des neuen Entwurfs! Ohne darauf einzugehen, woran Menschen vier Jahre gearbeitet haben! Ohne eine für Erftstadt zukunftsweisende Überlegung anzustellen, welche Bedeutung ein derartiges Zentrum für die Menschen in Erftstadt im Allgemeinen und für die Kulturschaffenden im Besonderen haben kann! Wie gesagt: Soll niemand behaupten, dass CDU, FDP und Freie Wähler angesichts der schlechten finanziellen Lage der Stadt Erftstadt gegen eine moderne, zeitgemäße Gesamtbibliothek entschieden haben! Im nicht-öffentlichen Teil wurde vielmehr deutlich, dass die Miete für den Neubau am Marienplatz nicht über der von der CDU/FDP/FreieWähler angestrebten Lösung liegt(s. a. Ksta, 29.11.2019, „Erner soll Beschluss beanstanden“). Aber zu dem Zeitpunkt hat die Mehrheit schon entschieden, das zu zerstören, was an guten Lösungen vorlag. Eine mögliche und auch vorgeschlagene Vertagung der Entscheidung, um zunächst die Fakten und Zahlen zu prüfen, wurde von der Mehrheit der CDU/FDP/FreieWähler abgelehnt. Warum?Kult-IG hat von Juli bis November 2019 auf ihren Veranstaltungen die Besucher immer wieder über die endlose Geschichte der Gesamtbibliotheks-Standortfrage informiert und dabei Unterschriften gesammelt für die Forderung, dass die Verantwortlichen noch im Jahr 2019 einen Standort für die Bibliothek festlegen sollen. Insgesamt haben 439 Erftstädter BürgerInnen/WählerInnen diesen Aufruf unterstützt. Diese Liste wurde zu Beginn der Sondersitzung an den Ausschuss-Vorsitzenden übergeben.

Alle Bürger, die sich für die Gesamtbibliothek eingesetzt haben, werden das Vorgehen von CDU/FDP/FreieWähler als Affront empfinden. Diese Bürger werden im nächsten Jahr wählen und dabei sicherlich das Gebaren von CDU/FDP/FreieWähler nicht vergessen haben. Dieser Umgang mit der Stimmenmehrheit im Rat mag rechtlich korrekt sein –aber Entscheidungen, die für die Stadt ungünstig sindund die ohne Ansehen von Fakten getroffen werden, sind für Bürger nicht nachvollziehbar und zeugen von einem Politikverständnis, das sich von den Interessen vieler Erftstädter entfernt hat. Kult-IG wird sich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass Erftstadt eine moderne Gesamtbibliothek bekommt.

Martin Tilke

Sachkundiger Einwohner im Kulturausschuss der Stadt Erftstadt für kult-IG